Was passiert, wenn zwei Moderierende spontan ein Erzählcafé organisieren und dann Personen dabei sind, die sich störend verhalten? Natalie Freitag erzählt vom Rollenspiel, das sie anlässlich der Intervision 2024 zum Thema «Herausfordernde Momente im Erzählcafé» durchgeführt hat.
Graue Haare, blank liegende Nerven oder Lachkrämpfe: Die rund 12 Teilnehmenden der Intervision vom 31. August 2024 tauschten sich in der Siedlung Irchel in Zürich über schwierige Momente am Erzählcafé aus.
Im Fokus standen Erfahrungen, zum Beispiel wenn jemand eine andere Person beleidigt oder sich respektlos verhält, wenn die ganze Gruppe schweigt oder wenn eine einzige Person viel Raum für sich beansprucht. Die Moderator*innen erzählten, hörten einander zu und suchten nach verschiedenen Lösungsansätzen.
Um spielerisch zu erproben, wie diesen Situationen begegnet werden kann, übte die Gruppe im Rollenspiel. Die gewählte Moderation überlegte sich ein Thema und Fragen, währenddessen sich die anderen Personen in der Gruppe verschiedene Rollen ausdachten, die sie spielen wollten. Ziemlich anspruchsvoll für eine spontane Moderation! Und für einige vielleicht auch ein Déjà-vu.
Im Nachhinein war das Rollenspiel ein Spass und sehr lehrreich: Es zeigte auf, wie kompetent Erzählcafé-Moderierende mit schwierigen Situationen umgehen. Eine Teilnehmerin sagte: «Es hat auch seinen Reiz, ein Erzählcafé zu leiten, das anders herauskommt als geplant. Kein Erzählcafé ist gleich.»
Ein herzliches Dankeschön an Miriam Greuter von der Siedlung Irchel, die uns bei der Organisation des Anlasses unterstützt und in der Siedlung Irchel willkommen geheissen hat!
Der Verein Netzwerk Erzählcafé sucht per 1. März 2025 zur Unterstützung:
Co-Geschäftsleitung 15% im Mandatsvertrag
Die Geschäftsleitung, bestehend aus zwei Personen, sorgt für eine nachhaltige und langfristige Ausführung der operativen Tätigkeiten des Vereins. Sie wird vom Vorstand beauftragt und teilt die Aufgaben selbstständig unter den zwei Co-Geschäftsleitenden auf
Aufgaben:
Führung der Geschäftsstelle bestehend aus regionalen Koordinatorinnen, Sekretariat und Kommunikationsbeauftragte in Absprache mit dem Co-Geschäftsleiter
Operative Verantwortung der Vereinsgeschäfte: Jahresplanung, Vorstandssitzungen, Jahresbericht, Mitgliederversammlung, u.a.
Pflege und Weiterführung der Beziehungen mit bisheriger Trägerschaft
Umsetzung der mit dem Vorstand erarbeiteten Strategie zur Mittelakquise
Kontaktaufnahme und -pflege mit strategisch relevanten Stakeholdern (Dachverbände, Vereine, Unternehmen usw.)
Vertretung des Vereins nach aussen
Ihr Profil:
Deutsch fliessend und gute Kenntnisse einer weiteren Landessprache
Fähigkeit zur Arbeit in einem dreisprachigen Team
Willen, sich in ein bestehendes Team mit Co-Geschäftsleiter, Vorstand und Geschäftsstelle einzuarbeiten
Vorzugsweise Erfahrung in der Arbeit in nationalen Organisationen
Vorzugsweise Kenntnis von Vereinsstrukturen
Selbständig erwerbend, oder willens es zu werden
Sicherer Umgang mit kollaborativen Arbeitsplattformen (Infomaniak, Webling und Zoom) und üblicher Bürosoftware
Arbeitsort:
Remote in eigenen Räumlichkeiten mit der eigenen Hardware, Bereitschaft zu Reisen in der ganzen Schweiz.
Bewerbung:
Bitte schicken Sie Ihren Lebenslauf ohne Foto und ein Motivationsschreiben sowie weitere Unterlagen per E-Mail an Frau Daisy Degiorgi unter amministrazione@caffenarrativi.ch, bevorzugt in einem PDF. Für weitere Auskünfte wenden Sie sich an Herrn Marcello Martinoni, Co-Geschäftsleitung, +41 (0)91 825 38 85, marcello.martinoni@caffenarrativi.ch
Bewerbungsfrist:
Freitag, 15.11.2024
2023 veranstaltete das Musée d’ethnographie de Genève (MEG) im Rahmen der Sonderausstellung «Être(s) ensemble» vier Erzählcafés zu unterschiedlichen Themen. Sie drehten sich rund um die Kommunikation zwischen verschiedenen Arten von Lebewesen und die Beziehungen zwischen Menschen, Pflanzen und Tieren. Julie Dorner* blickt zurück und gibt ihre Erfahrungen weiter.
Interview: Anne-Marie Nicole
Julie Dorner, was ist das MEG?
Das Musée d’ethnographie de Genève ist eine Institution der Stadt Genf, das Sammlungen mit Objekten, Büchern und Dokumenten zu den Kulturen der fünf Kontinente beherbergt. Was das Museum so besonders macht, sind die umfangreichen Sammlungen an Musikinstrumenten und Tonaufnahmen. Das Museum befindet sich im Stadtteil La Jonction und verfügt über mehrere Räumlichkeiten, die für unterschiedliche Zielgruppen als Erlebnisorte dienen können: der Garten, das Café, die Ausstellungsräume, aber auch das Foyer, in dem Aktivitäten, Workshops, Konzerte, Performances usw. stattfinden.
Warum haben Sie für die Sonderausstellung «Être(s) ensemble» Erzählcafés eingesetzt?
Mir persönlich war es immer wichtig, im Anschluss an die Ausstellungen Diskussionsmöglichkeiten anzubieten, um Abstand zu den wissenschaftlichen Konzepten zu gewinnen und Raum für den Austausch über die Erzählungen und Erlebnisse der Menschen zu lassen. Während meiner Ausbildung in Kulturvermittlung sind mir die Erzählcafés begegnet. Das Format ist interessant, weil es einen Rahmen für die Diskussion und den Austausch von Erfahrungen bietet. Und in unserem Fall entspricht es perfekt dem Anliegen der Ausstellung «Être(s) ensemble»: Wir Menschen sind alle mit unserer Umwelt verbunden. Das Erzählcafé bot den Teilnehmenden die Möglichkeit, sich mit ihrer Beziehung zu allen Lebewesen auseinanderzusetzen und ihre Geschichten und Erfahrungen im Zusammenhang mit Pflanzen oder Tieren zu teilen.
Sie haben die «Antenne sociale de proximité» in das Projekt Erzählcafés einbezogen. Warum?
Für das MEG bietet eine Partnerschaft je nach Projekt bereichernde Möglichkeiten. Eine unserer Herausforderungen besteht darin, zu verstehen, wie wir auf das Publikum zugehen und das Museum zu einem Ort der Diskussion und des Austauschs im Quartier machen können. Hier spielt die Frage der Zugänglichkeit eine wichtige Rolle: Das MEG befindet sich in einem sehr belebten und beliebten Quartier und hat ein eher elitäres Image, was es zuweilen unnahbar macht. Die Partnerschaft zwischen dem Sozialdienst und dem MEG ermöglicht es einerseits, Menschen ins Museum zu bringen, die sonst nicht kommen würden, und andererseits unserem Stammpublikum die Möglichkeit zu geben, an einer anderen Art von Veranstaltung teilzunehmen. Auf diese Weise trägt das Museum auch zum Zusammenleben und zum gesellschaftlichen Zusammenhalt im Quartier bei.
Sie haben vier Erzählcafés veranstaltet, jedes zu einem anderen Thema – unsere Beziehung zu Lebewesen, Pflanzen und wir, Tiere und wir, das Zusammenleben und das Glücklichsein. Fanden sie Anklang?
Ja, ich war angenehm überrascht. Die Erzählcafés fanden jedes Mal an einem anderen Ort im Quartier statt. Es haben sehr viele Menschen teilgenommen. Die Erzählungen über die Beziehung zu Pflanzen haben mich unglaublich berührt, obwohl wir anfangs davon ausgingen, dass dieses Thema am wenigsten gut ankommen würde. Bei den Geschichten rund um Tiere haben wir sehr viel gelacht. Ich freue mich sehr über das Interesse und die Begeisterung für diese Art von Treffen und das positive Feedback der Teilnehmerinnen und Teilnehmer.
Gab es bei der Umsetzung dieser Erzählcafés spezielle Herausforderungen?
Die Auswahl der Themen war sicherlich eine grosse Herausforderung. Wir wollten nämlich Themen anbieten, die Lebenserzählungen und den Austausch von Erfahrungen fördern, dabei thematisch aber auch zur Ausstellung passen. Ausserdem war es uns wichtig, allzu theoretische Diskurse und Ideendebatten zu vermeiden. Und es galt auch, unser Publikum zu finden, noch dazu eines, das sich von dieser Art des Austauschs angesprochen fühlt und Lust hat, daran teilzunehmen. Im Museum haben wir versucht, Diskussionsmöglichkeiten anzubieten. Sie waren im Gegensatz zu den geführten Besichtigungen aber nur mässig erfolgreich.
Planen Sie, weitere Erzählcafés anzubieten?
Diese ersten Erzählcafés können als Pilotprojekt betrachtet werden. Wir werden sehen, wie es weitergeht… Wenn wir das Ziel des gesellschaftlichen Zusammenhalts und des Zusammenlebens im Quartier weiterverfolgen wollen, ist das Erzählcafé sicherlich ein Format, das wir in Betracht ziehen könnten. Es müsste dann regelmässig angeboten werden. Wie wir es üblicherweise bei kulturvermittelnden Aktivitäten im Quartier ausserhalb des Museums tun, werden wir auch hier überlegen müssen, wie wir die Erzählcafés stärker mit dem Museum verknüpfen können. Indem es Raum für Diskussion schafft, kann das Museum dabei mitwirken, die sozialen Bindungen zwischen Generationen und zwischen Bevölkerungsgruppen zu fördern.
* Julie Dorner hat einen Master in Ethnologie und ist Kulturvermittlerin im MEG.
Das Netzwerk Erzählcafé erarbeitet laufend Leitfäden für Moderator*innen. Diese sollen Sie bei der Themenwahl und bei der Vorbereitung eines Erzählcafés unterstützen. Bisher verfügbar sind:
Das Magazin The Philanthropist verschickte am 22. Juni 2024 eine Beilage der NZZ an ca. 65’000 Haushalte und stellte die Online-Spendenaktion Mentale Gesundheit stärken vor. Porträtiert wurde auch das Netzwerk Erzählcafé. Wer möchte, kann hier eine kleine Spende tätigen. Ihr unterstützt so unsere Vereinsarbeit. Vielen Dank!
Wir freuen uns, für unser neues Projekt «Erzählcafés im Alter» auf die finanzielle Unterstützung der Walder Stiftung und der Paul Schiller Stiftung, Zürich zählen zu können:
Die Walder Stiftung fördert Projekte, die zu einer optimalen Lebens- und Wohnqualität im Alter beitragen.
Die Paul Schiller Stiftung, Zürich unterstützt gemeinnützige Projekte, die eine nachhaltige Entwicklung anstreben, eine integrative Gesellschaft fördern, multiplikative Wirkung haben, aktuell und im allgemeinen Interesse sind.
In den nächsten zwei Jahren werden wir mit relevanten Organisationen im Altersbereich die Erzählcafés in den Pilot-Regionen verankern.
Vom 22. Januar bis 28. November 2024 präsentiert Pro Familia Svizzera italiana eine Fotoausstellung mit dem Titel «Familien – die Vergangenheit erforschen, die Zukunft erfinden». Die Ausstellung macht an den grösseren Orten des Tessins Halt und erzählt die Geschichte und die Entwicklung der Familie im Laufe der Jahre. Damit werden die Errungenschaften der Schweizer und Tessiner Familienpolitik gewürdigt.
Text: Valentina Pallucca Forte Fotos: privat
Als ich von der Fotoausstellung hörte, packte ich die Gelegenheit, als Rahmenveranstaltung ein Erzählcafé vorzuschlagen. Wir wählten das Thema «Die Rollenverteilung innerhalb der Familie», das ich interessant und breit genug fand, um uns gegenseitig Geschichten aus dem Leben zu erzählen. Am 16. April 2024 trafen wir uns in einer kleinen Gruppe von sieben Frauen im Filanda in Mendrisio zum Erzählcafé.
Das Thema erwies sich als herausfordernd, aber auch inspirierend: Vieles hat sich im Laufe der Zeit verändert – und so vieles muss sich noch verändern. Die Anekdoten und Lebensgeschichten waren vielfältig: Die Teilnehmerinnen erzählten von sehr unterschiedlichen Lebenswegen, die alle auf ihre eigene Weise überraschten.
Fotos bieten Inspiration fürs Gespräch
Zur Inspiration wandelten wir durch die Fotoausstellung und verweilten vor den Fotos. Dabei konnten wir wichtige Momente in der Geschichte der Familie nachvollziehen: die Entstehung der ersten Sozialversicherungen um 1900, der Eintritt der Frauen in die Arbeitswelt in den 1920er Jahren, die Einführung der Waschmaschine in jedem Haushalt… Alles sind kleinere oder grössere Revolutionen, die das Alltagsleben der Familien vereinfachten. Jedes Foto regte zum Erzählen an und erinnerte an Episoden aus dem Familienleben einer Zeit, die es heute nicht mehr gibt (Anmerkung der Autorin: Das löste sogar einige Male einen Seufzer der Erleichterung aus!).
Sandra Killer, Projektkoordinatorin von Pro Familia Svizzera italiana, begleitete uns mit grosser Begeisterung und Kompetenz durch die Fotoausstellung. Die Fragen schienen kein Ende zu nehmen, so gross war unsere Neugier auf einige der Themen, die mit der Entwicklung der Familien und insbesondere der Rolle der Frau zusammenhängen.
Wie sieht die Familie in Zukunft aus?
Am Ende des Erzählcafés haben wir uns mit der Frage «Welche Zukunft sehen oder wünschen wir uns für die Familien?» beschäftigt. Jede Teilnehmerin kam zu Wort. Obwohl sich die Situation im Vergleich zu vor einigen Jahrzehnten deutlich verbessert hat, taucht das Thema der Vereinbarkeit von Beruf und Familie heute in einer wichtigen Weise auf: ein Thema, bei dem es oft die Frau ist, die die Hauptlast trägt. Wir waren uns einig: Für die Zukunft erhoffen wir uns mehr Unterstützung für die Vereinbarkeit und eine noch gerechtere Verteilung der Aufgaben. Wir sind zuversichtlich, denn es wurde viel erreicht und wir haben grosses Vertrauen in unsere Töchter und Söhne.
Es war schön, ein paar Stunden mit Menschen zu verbringen, die wir nicht kannten, mit denen wir ein kleines Stück unserer Geschichte teilten, mit denen wir Gemeinsamkeiten oder ganz unterschiedliche Lebensgeschichten entdeckten und uns in einer anregenden und ungezwungenen Umgebung austauschten. Wie immer war das Erzählcafé eine bereichernde und in diesem Fall sogar eine prägende Erfahrung, da wir viele Aspekte des gesellschaftlichen Lebens in unserem Land kennenlernen konnten, die uns bis anhin unbekannt waren.
Fotos und Videos aus dem Archiv
Die Fotoausstellung läuft vom 22. Januar bis 28. November 2024. Mehr Informationen
Auf historiahelvetica.ch lässt sich herrlich in vergangenen Zeiten schwelgen. Die Plattform zeigt ein Jahrhundert Schweizer Geschichte in Bildern und Videos.
Biografisches Erzählen fördert gerade auch im Alter die Aufrechterhaltung der individuellen Identität und die soziale Teilhabe. Anne-Marie Nicole, Koordinatorin des Netzwerks Erzählcafé in der Romandie (im Bild), berichtet im Magazin Artiset von ihren Erfahrungen mit Erzählcafés in verschiedenen Settings, zum Beispiel im Pflegeheim.
Mehr Einblicke ins Thema gibt auch Sylvia Hablützel im Interview.
Am Freitag, 22. März 2024, findet die Mitgliederversammlung 2024 statt. Anschliessend treffen wir uns zum Mittagessen und zum Werkstattgespräch. Mit dabei sind spannende Referent*innen, die je einen Kurz-Input zum Thema «Respekt üben – und wie?» geben:
Sentitreff Luzern: «Wie wir Respekt leben und verstehen – aus dem Treffpunkt im BaBeLQuartier»
Brigitte Rychen, Fachstelle PEP: «Respekt für die Vielfalt von Körperbildern»
«Respekt zwischen den Generationen»
Pro Infirmis Ticino e Moesano: «Ti rispetto – scrivo un testo in lingua facile» (in leichter Sprache)
Im Anschluss haben wir viel Zeit für den persönlichen Austausch und ein Schnuppererzählcafé.